Lächeln über uns selbst. Humor im Christentum und Islam

Lächeln über uns selbst. Humor im Christentum und Islam

Worüber können Christinnen und Christen, Muslimas und Muslime lachen? Was ist eher peinlich und was verletzend?

Darüber machten sich Mitglieder der CIG Karlsruhe bei ihrem Mittwochstreff im Oktober 2008 im Internationalen Begegnungszentrum Karlsruhe Gedanken, vorbereitet von Mustapha Smouni und Albrecht Fitterer-Pfeiffer. Wir haben uns Witze erzählt und sind miteinander ins Gespräch gekommen.

Wir begannen den Abend damit, dass wir uns Witze erzählten, unter anderem die folgenden:

Erzbischof Robert Zollitsch kommt in den Himmel und setzt sich auf Gottes Thron. Das himmlische Personal überlegt: Wie bringen wir den Erzbischof wieder von dem Thron? Petrus fordert ihn freundlich auf, doch wieder aufzustehen, ohne Erfolg. Jesus weist den Erzbischof darauf hin, dass der Thron doch für Gott reserviert sei und frei bleiben müsse, aber Zollitsch bleibt sitzen. Niemand kann den Bischof von Gottes Thron mehr wegbewegen, bis Maria kommt und ihm etwas ins Ohr flüstert. Sofort springt Zollitsch auf und springt nach draußen aus dem Thronsaal. Da fragen die anderen Maria: „Wie hast du denn das geschafft?“ Maria antwortet: „Ach, ich hab ihm nur gesagt, draußen ist das Fernsehen.“

Zwei Pfarrer unterhalten sich über das Stillgebet im Gottesdienst. Einer meint, er zähle immer bis 25. Er räumt ein: „Es gibt auch Kollegen; die zählen bis 35. Aber ich finde das scheinheilig.“

Ein deutscher Bischof fliegt in die USA. Bei der Landung am John-F.-Kennedy-Flughafen geht ein Reporter auf ihn zu: „Werden Sie etwas zur Situation der Freudenhäuser in New York sagen?“ Verwundert fragt der Bischof zurück: „Gibt es Freudenhäuser in New York?“ Am nächsten Tag berichten die amerikanischen Zeitungen: „Erste Frage des Bischofs in USA: 'Gibt es Freudenhäuser in NY?'“

Eines Tages saß der Prophet mit seinem engsten Freund Abu Bakr zu Tisch und die beiden aßen Datteln. Wie es so üblich war, legte man die Dattelkerne vor sich hin. Abu Bakr schob seine Dattelkerne jeweils dem Propheten zu. Nach dem Essen lag vor dem Propheten ein Haufen Dattelkerne und vor Abu Bakr war kein einziger. Abu Bakr fragte den Propheten „Oh Prophet, du hast aber heute einen großen Hunger gehabt? “ Daraufhin antwortete der Prophet: „Du scheinbar auch, denn du hast deine Datteln samt den Kernen gegessen. “

Einmal kam eine alte Frau zu dem Propheten und bat ihn eindringlich, er möge Gott bitten, dass sie ins Paradies gelänge. Daraufhin entgegnete der Prophet ganz ernst: „Ins Paradies kommen keine greisen Frauen, nur junge. “ Geschockt von dieser Antwort wandte sich die Frau traurig ab und weinte bitterlich. Lachend ließ der Prophet die Frau nun zurückholen und beruhigte sie: „Weißt du denn nicht, dass alle Menschen im Paradies jung sind und jung bleiben? “

Ein Mann ist bei einer sehr geizigen Familie zu Gast. Selbst der Tee ist zu dünn. So dankt der Gast am Ende dem Gastgeber: „Vielen Dank für deine Gastfreundschaft. Du wirst mir als besonders frommer Mann in Erinnerung bleiben. Sogar der Tee ist bei dir für rituelle Waschungen geeignet. “ (Das bedeutet er ist völlig geruchsfrei und farblos.)

Ein Mann kommt zum Pfarrer. „Herr Pfarrer, ich habe ein Problem. Seit dem Wochenende vermisse ich meinen Regenschirm und ich fürchte, jemand aus meiner Bibelgruppe hat ihn gestohlen. Aber ich traue mich nicht, das direkt anzusprechen. “ Der Pfarrer überlegt kurz, und gibt dem Mann den Rat, nächste Woche einfach mal die 10 Gebote in der Bibelgruppe zu besprechen, dann wird sich das Problem schon lösen. Und tatsächlich, der Mann kommt nach einer Woche wieder und vermeldet freudig, dass er den Schirm wieder hat. „Na, wusste ich es doch “, meint der Pfarrer zufrieden, „als das 7. Gebot zur Sprache kam, packte den Dieb die Reue und er gab den Schirm zurück, richtig? “ Der Mann schüttelt grinsend den Kopf. „Nein, als wir gerade beim 6. Gebot waren ist mir wieder eingefallen, wo ich den Schirm habe stehenlassen. “

Jesus, Moses und ein alter Mann spielen Golf. Jesus schlägt als erster und spielt seinen Ball in einen Teich. Ungestört schreitet er über das Wasser und spielt mit seinen zweiten Schlag direkt aufs Grün. Moses macht seinen Abschlag und spielt ebenfalls in den Teich. Er geht hinüber zum See, steht davor, das Wasser teilt sich, und er setzt sein Spiel fort mit einem Schlag direkt aufs Grün. Schließlich ist der alte Mann an der Reihe. Er spielt ebenfalls in Richtung See, aber als der Ball fast die Oberfläche berührt, springt ein Lachs aus dem Wasser und schnappt sich den Ball. Bevor jedoch der Fisch ins Wasser zurückfallen kann, stürzt sich ein Adler herunter und fängt den Lachs. Der Adler fliegt über das Grün, lässt den Fisch fallen und, als dieser auf das Grün fällt, verliert er den Ball, der sodann ins Loch rollt. Jesus, der dieses "hole in one" gesehen hat, dreht sich zu dem alten Herrn um und sagt: „Wenn Du nicht aufhörst zu schummeln, spielen wir nächstes Mal ohne Dich, Papa! “

Der amerikanische Präsident George Bush sitzt den ganzen Tag mit dem britischen Premierminister Tony Blair zusammen. Abends kommen Reporter und fragen, worüber die beiden gesprochen haben. Bush: „Wir haben den 3. Weltkrieg geplant.“ Reporter: „Und wie soll der aussehen?“ Bush: „Wir töten vier Millionen Muslime und einen Zahnarzt.“ Reporter: „Warum bitte einen Zahnarzt?“ Blair zu Bush: „Siehst du, ich hab's dir doch gesagt: Nach den 4 Millionen Muslimen wird keiner fragen!“

Ein Mann kommt im Central Park in New York dazu, wie ein kleines Mädchen von einem Kampfhund angefallen wird. Die einzige Chance das Mädchen zu retten ist: Der Mann tötet den Hund. Der später herbeigerufene Polizist lobt den Lebensretter: „Da kommt sicher morgen ein großer Bericht in der Zeitung: Mutiger New Yorker rettet kleines Mädchen vor wilder Bestie.“ „Sorry “, wendet der Lebensretter ein, „aber ich komme nicht aus New York.“ „Na, macht nichts“, meint der Polizist, „dann wird es eben heißen: Mutiger Amerikaner rettet einem Mädchen das Leben.“ „Leider bin ich auch kein Amerikaner.“ „Na, woher sind Sie dann?“ „Ich bin Pakistani.“ Am nächsten Tag steht in der Zeitung: „Moslem mordet amerikanischen Hund. Terroristischer Hintergrund ist nicht auszuschließen.“

Ein Pfarrer trifft den Rabbiner und erzählt: „Heute Nacht habe ich von eurem jüdischen Himmel geträumt, Oh weh, war das ein Krach und ein Geschrei. Alle haben durcheinander geredet und wild um sich gestikuliert. Viel zu eng war es da und nach Knoblauch hat es auch gerochen!“

Erwidert der Rabbiner: „Ich habe heute nach von eurem christlichen Himmel geträumt. Es war schön. Die Sonne hat geschienen und ein leichter frischer Wind hat es angenehm kühl gemacht. Viel Platz. Über weite Wiesen bin ich gewandert. Es war kein Mensch da.“

Besucher kommen in ein Dorf und bewundern das kleine Kirchlein. Sie erfahren, die Kirche ist schon fünfzig Jahre alt – und noch nie renoviert. Dafür ist sie wirklich noch ganz toll in Schuss. „Na ja,“ meint ein Einheimischer. „Wir schonen unsere Kirche sehr.“

Ein Pfarrer und ein Werbefachmann, alte Schulfreunde, treffen sich nach Jahren. Der Pfarrer erzählt von seinen Versuchen, die Jugend in die Kirche zu bringen mit Parties, Musik, Disko, Spieletreff, Fußballturnier und Filmnächten. Alles war erfolglos. Der Werbefachmann meint: „Wie wäre es, du probiertest es mal mit Religion?“

Hodscha Nasreddin kommt in ein Dorf und fragt. „Wo ist hier die Moschee?“ „Da gehst du die Hauptstraße vor, die zweite Straße links und dann das dritte Gebäude rechts.“ Nasreddin erwidert: „Dort ist aber doch die Kneipe.“ „Nein, die Kneipe ist die dritte Straße rechts und dann das vierte Haus.“ „Vielen Dank“, meint der Hodscha und geht die dritte Straße rechts.

Ein Mann bringt drei gebratene Hühnchen zum Essen für drei Personen mit. Als es ans Essen geht, fragt er die beiden anderen: „Sollen wir göttlich teilen oder menschlich?“ Da die beiden anderen befürchten, dass Menschen ungerecht sein könnten und wählen göttliche Teilung. Der Mann nimmt alle drei Hühnchen für sich. Gott teilt, wie er will.

Aus unserem Gespräch am Mittwochstreff: Überlegungen zu den gehörten Witzen:

Wenn in unserer westlichen Gesellschaft nach dem Karikaturenstreit Muslime manchmal als überempfindlich angesehen werden, dann müssen wir den Kontext sehen, in dem Muslime in unserer westlichen Gesellschaft leben: Noch immer gibt es ein Überlegenheitsgefühl des Westens und Muslime sehen sich dem ständigen Verdacht ausgesetzt Terroristen, Frauenunterdrücker oder „mittelalterlich“ zu sein. Die Witze von Bush und Blair oder vom Lebensretter im Central Park können das ein wenig illustrieren.

Die anwesenden Muslime fanden den Witz vom Golf spielenden himmlischen Personal zwar nett, meinten aber übereinstimmend, so einen Witz würden sie selbst nicht erzählen. Der Witz sei respektlos gegenüber Gott. Gott oder Propheten kommen in ihren Witzen nicht als handelnde Personen vor.

Viele der muslimischen Witze erscheinen den Menschen, die in westlicher Kultur aufgewachsen sind als ein wenig langweilig oder zahnlos. Möglicherweise liegt das nicht an einem unterschiedlichen Verständnis zwischen Muslimen und Christen, sondern hat was mit kultureller Herkunft zu tun.

Thesen zum Thema Humor in Christentum und Islam:

1. Humor und Religion haben ein schillerndes Verhältnis. Wer sich vor Lachen wegschmeißt, läuft Gefahr dem Körperlichen, dem Diesseitigen, dem nicht Heilsnotwendigen die Herrschaft zu überlassen.
Es gab im Christentum eine grundsätzlich humorfeindliche Strömung. Das Martyrium Jesu wiegt schwer. So stellte der Bischof von Konstantinopel, Chrysostumus, im 3. Jahrhundert fest, dass ein Christ nichts zu lachen habe. Schließlich habe Jesus auch nicht gelacht. (Lk 6,25: Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Denn ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht! Denn ihr werdet weinen und klagen.) Und in der Tat, im Neuen Testament findet sich kein einziger Satz darüber. Vom Heiligen Benedikt wird überliefert, dass er lachenden Mönchen die Prügelstrafe androhte.In der Bibel finden wir das Wort lachen eher selten. Gott lacht über sein Spötter, in der Zukunft, die Gott bringt, werden wir lachen.Von Mohammed hingegen erfahren wir, er habe so sehr gelacht, "dass seine Weisheitszähne sichtbar wurden".

2. Von grundsätzlicher Humorfeindlichkeit ist zu unterscheiden, wenn Christinnen und Christen sich verletzt fühlen, wenn über ihre zentralen Glaubensinhalte gelacht wird. Es gibt auch bis heute im christlichen Bereich Antstößiges: Madonna: Like a prayer, Das Leben des Brian. Die Mutter züchtigt das Jesuskind.

3. Möglicherweise sind Worte für uns weniger anstößig als Bilder, Bilder weniger als Filme.

4. Gott selbst ist viel zu groß als dass wir ihn beleidigen könnten. Trotzdem sind wir als Christinnen und Christen empfindlicher, wenn über Gott oder Jesus gewitzelt wird als wenn über Christen Witze gemacht werden. Solche erhöhte Empfindlichkeit müssen wir auch Muslimen zugestehen. Vermutlich sind aber auch Christinnen und Christen im Nahen und Mittleren Osten hier empfindlicher als westliche Christinnen und Christen.

5. Das Bilderverbot wird im Islam ernster genommen, deshalb darf in den Augen der meisten Muslime kein Witz über Allah selbst oder über Mohammed (oder andere Propheten) gemacht werden.

Einer meiner Professoren lehrte in einem Seminar zum Erzählen biblischer Geschichten: Alle Personen können mit Phantasie bearbeitet werden, Gott nicht. Von allen Personen kann erzählt werden, was sie sich in dieser Geschichte gedacht haben, von Gott nicht. Das zeigt mir, dass auch in unserer westlich-christlichen Tradition ein

6. Auch im Christentum gibt es eine Tradition des Lachens und Witze-Erzählens, besonders das Oster-Lachen: Wir lachen über den Tod und haben Teil an der Osterfreude.

7. Es kommt darauf an, wer einen Witz über wen erzählt. Witze über Juden sind in unserer Gesellschaft nur eingeschränkt erzählbar. Muslime, die sich in unserer Gesellschaft dem Dauerverdacht ausgesetzt sehen, sie seien Ehrenmörder, Demokratiefeinde und Terroristen, werden gegenüber Witzen, die islamkritisch sind, verständlicherweise manchmal empfindlich.

8. Es kommt darauf an, mit welcher Absicht ein Witz erzählt wird. Geht es darum, den anderen lächerlich zu machen oder sich über Religion lustig zu machen oder geht es um eine kritische Absicht um einen falschen Glauben zu kritisieren. Oft sind die Aussagen über Gott ja gar keine aussagen über Gott, sondern über Menschen.

Maria züchtig das Jesuskind: Das ist Kritik an allen schlagenden Eltern

Die Geschichte mit den Golf spielenden göttlichen Personen ist Kritik an menschlichen Allmachtsvorstellungen und menschlichem Drang unbedingt gewinnen zu wollen – auch mit schummeln.

9. Wir leben heute in einer Gesellschaft, die sich auch „Spaßgesellschaft“ nennt. Tabubrüche sind wesentlicher Teil des gesellschaftlichen Lebens, manchmal auch Marketing-Strategie. Es ist immerhin verständlich, wenn Menschen diese Gesellschaft, der nichts heilig zu sein scheint, massiv kritisieren.

(Dass das unterschiedliche Verständnis nicht religiös, sondern gesellschaftlich bedingt ist, kann auch daran deutlich werden, dass viele Christinnen und Christen in orientalischen Ländern nicht unser westliches Verständnis teilen. Christen in Syrien machen keine Witze über Religion.)

10. Witze aus anderen Kulturen sind manchmal schwer verständlich. Wenn wir die Witze der anderen nicht recht verstehen oder diese uns nicht wirklich lustig erscheinen, ist das nicht deren Humorlosigkeit, sondern unsere Unkenntnis. (Ich selbst lebte fünf Jahre in Papua Neuguinea. Wenn die Leute sich dort Witze erzählten fand ich das oft eher peinlich, kaum konnte mir ein Witz mal mehr als ein müdes Lächeln abgewinnen. Als ich dann versuchte, den Leuten mal einen 'gescheiten' Witz zu erzählen, hatte ich den Eindruck, die 'verstanden' meinen Witz nicht recht.)

Albrecht Fitterer-Pfeiffer, 8.10.2008

 

Literatur:

Ulrich Marzolph (Hg.), Nasreddin Hodscha. 666 wahre Geschichten, München 32006 (11996)
Das umfassendste Buch mit Nasreddin-Geschichten, das ich fand. Viele andere Sammlungen scheinen mir 'gereinigt' zu sein, so dass z.B. sexuelle Anspielungen fehlen.

Abdelhamid Hussein, Arabische Witze, dtv München 2004
Die in meinen Augen 'westlichste' Sammlung, die ich fand, enthält auch moderne politische Witze.

Sam Kabbani (Hg.) Arabische Witze und Anekdoten, Neu Isenburg 2006
Diese arabischen Witze sind mir sehr viel fremder, scheinen mir auch weniger aktuell und modern.

Arndt Graf, Johanna Pangestian-Harahap (Hgg.), Lachen mit Gus Dur. Islamischer Humor aus Indonesien, Bandung 2005

Der Himmel wird’s wissen: Derwisch-Witze, Frankfurt/Main 1987

Salcia Landmann, Jüdische Witze, dtv München 2007

Attilla Yakut, Humor im Islam, Landeck Verlag, Frankfurt